Das Impingement der Schulter

Das Impingement der Schulter - wenn es unter dem Schulterdach eng wird

Herr Schmal (55 J.) ist von Beruf Maler. Diese Tätigkeit übt er nun schon 28 Jahre aus. Seit circa einem Jahr klagt er immer häufiger über Schmerzen über dem rechten Oberarmkopf beim Streichen und Tapezieren. Die Beschwerden sind seit sechs Tagen schlechter geworden, das Heben der Arme nach vorne und das Abspreizen zur Seite z.B. beim Abkleben von Gegenständen ist sehr schmerzhaft und kaum noch möglich. Herr Schmal ist eigentlich Seitenschläfer, doch auch das funktioniert auf der betroffenen Schulter nicht mehr. Er entscheidet sich zum Arzt zu gehen, welcher eine ausführliche Anamnese und spezifische Tests für die Schulter durchführt.

Bei Verdacht auf ein Impingement-Syndrom der Schulter könnten die Fragen des Arztes wie folgt aussehen:

  • Wo sind die Schmerzen?
  • Seit wann bestehen die Schmerzen?
  • Bei welchen Bewegungen bzw. in welchen Situationen schmerzt die Schulter oder der Arm?
  • Treten die Schmerzen auch nachts auf?
  • Sind Beweglichkeit oder Kraft eingeschränkt?
  • Liegt ein Trauma vor?
  • Was machen Sie beruflich?
  • Treiben Sie Sport? Wenn ja, welchen?

 

Die Annahme für das Krankheitsbild kann schließlich durch entsprechende Tests bestätigt oder verworfen werden. Sehr bekannt ist der Test auf „den schmerzhaften Bogen“ (engl.: painful arc) bei dem PatientInnen den ausgestreckten Arm seitlich anheben und bei einem Winkel von etwa 60 bis 120 Grad Schmerzen auftreten. Des Weiteren wird überprüft, ob der sogenannte Nacken- und Schürzengriff noch möglich ist. Beim Nackengriff legt man beide Hände in den Nacken, wobei die Daumen nach unten zeigen. Beim Schürzengriff fasst man, wie der Name schon verrät mit beiden Händen an den Rücken, wobei die Daumen nach oben zeigen (z.B. BH schließen). Das ist nur ein Bruchteil von Tests, die bei der körperlichen Untersuchung durchgeführt werden.

Um Rückschlüsse über die Beschaffenheit des Schultergelenks zu gewinnen, eignen sich bildgebenden Verfahren, wie Ultraschall, MRT (Magnetresonanztomographie) oder eine Röntgenuntersuchung. Unter Umständen ist auch eine Gelenkspiegelung (Arthroskopie) denkbar. Bei dieser Operation verschafft man sich ein klares Bild von den Strukturen im Gelenk und kann, falls nötig, gleichzeitig behandeln. Dabei wird z.B. entzündetes oder einengendes Gewebe abgetragen oder gar ein Sehnenriss genäht.

 

Doch was genau bedeutet es, ein „Impingement-Syndrom“ zu haben?

Bei einem Impingement oder auch Einklemmungssyndrom handelt es sich sozusagen um eine Einengung eines Tunnels. Bei der Schulter liegt dieser Tunnel zwischen der Kugel des Oberarmkopfes (Caput humeri) und dem Schulterdach (Acromion). Durch diesen Tunnel verläuft ein Muskel (Musculus supraspinatus) und dessen Sehne. Ist dieser Tunnel verschmälert, kommt es zu einer Einklemmung bzw. einem Anschlag der Sehne und des Schleimbeutels am Oberarmkopf bzw. dem knöchernen Schulterdach, wenn Betroffene den Arm heben. Dies löst dann die typischen Schmerzen aus.

 

Und was sind die Ursachen bzw. Risikofaktoren für das „Impingement-Syndrom“?

Zunehmendes Alter und damit einhergehender Verschleiß ist häufig, aber nicht die einzige Ursache. Auch jüngere Menschen können darunter leiden, aufgrund einseitiger Belastungen (v.a. Überkopftätigkeiten) beim Sport oder im beruflichen Alltag. Die Folge sind dann Knochensporne am Acromion, entzündliche Veränderungen des Schleimbeutels oder Verdickungen am Schultereckgelenk durch eine Arthrose.

 

Muss direkt operiert werden?

Nein. Die Therapie beginnt zunächst konservativ, sprich mit schmerzlindernden und entzündungshemmenden Medikamenten. Besonders wichtig ist auch die Physiotherapie. Ziel dabei ist es, die schulterumgebenden Muskeln zu kräftigen. Dabei wird das Augenmerk auf die Muskelgruppe gelegt, die den Oberarmkopf nach unten ziehen und somit wieder Platz und dem Schulterdach schaffen. Weitere Übungen zielen auf die Bewegungserweiterung ab sowie das Abtrainieren falscher Bewegungsmuster und Schonhaltungen aufgrund der langbestehenden Schmerzen. Mit den PatientInnen wird im Anschluss ein Übungsprogramm erstellt, welches sie mehrmals täglich eigenständig zu Hause durchführen müssen. Manchmal sind auch Kortison-Spritzen notwendig, um Entzündungen und Schmerzen zu lindern. Da dies aber keine Dauerlösung ist, bleibt die Krankengymnastik ein wesentlicher Bestandteil der Therapie.

Eine Operation wird in Betracht gezogen, wenn die konservative Therapie nicht anschlägt und durch das ständige Anstoßen der Sehne weitere Probleme hinzugekommen sind. Möglich ist zum Beispiel ein Riss einer Sehne der Schultermuskulatur, insbesondere der Rotatorenmanschette. Die operative Maßnahme erfolgt arthroskopisch. Das bedeutet, dass nur kleine Hautschnitte an der Schulter gesetzt werden, in welche schließlich eine Kamera in das Schultergelenk eingeführt wird. Beschädigtes Gewebe kann dann abgetragen und wieder ausreichend Platz geschaffen werden.

 

Deine Annika Reichenberger (staatl. geprüfte Physiotherapeutin, B. Sc. Integrative Gesundheitsförderung)

 

 

Quellen:

  • Sabine Kubalek-Schröder, Frauke Dehler. Funktionsabhängige Beschwerdebilder des Bewegungssystems. 2. Auflage, Springer-Verlag GmbH; 2013.