Der Beckenboden gehört zur sogenannten Tiefenmuskulatur
Bei der Skelettmuskulatur wird zwischen oberflächlicher und tiefer Muskulatur unterschieden. Der Bizeps, um nochmal auf das Beispiel zu Beginn zurückzukommen, ist ein Muskel an der Oberfläche. Diesen können wir sehen, gut spüren und ohne Probleme bewusst anspannen. Die Tiefenmuskulatur, so auch der Beckenboden, liegt skelettnah im Körper und hat die Aufgabe uns zu stützen und zu schützen. Dies läuft automatisch ab, weshalb die Verbindungen der Tiefenmuskulatur zum Gehirn nicht so „stark“ sind, wie große, oberflächliche Muskeln. Deshalb spannen wir auch eher Bauch, Beine und Po an, wenn wir den Beckenboden erreichen möchten.
Die drei Schichten des Beckenbodens
Die Beckenbodenmuskulatur ist vielleicht nicht so großflächig wie der Gesäßmuskel, aber wer glaubt, dass der Beckenboden nur eine dünne Bindegewebsschicht ist, liegt falsch. Die Muskelschicht ist vier bis sieben Zentimeter dick und so groß wie unsere Handfläche von den Fingerspitzen bis zum Handgelenk. Um eine Vorstellung davon zu bekommen, könnt Ihr Eure Hand zwischen die Beine legen, sodass die Handwurzel am Schambein aufliegt und die Spitze des Mittelfingers am Steißbein.
Insgesamt besteht der Beckenboden aus drei Muskelschichten. Von innen nach außen sind dies: Diaphragma pelvis, Diaphragma urogenitale und die untere Damm- und Schließmuskelschicht.
Der Beckenboden unterscheidet sich außerdem bei Mann und Frau. Im Knochenbau ist das männliche Becken steiler und der Beckenausgang schmäler. Das Bindegewebe ist zudem bei dem männlichen Geschlecht straffer. Dass das Becken bei Frauen breiter, die Beckenöffnung groß und rund und das Maß der Dehnfähigkeit der Beckenbodenmuskulatur schier unvorstellbar ist, hat natürlich einen Grund: der Kopf eines Säuglings muss hier durchpassen!
Unsere muskuläre Körperbasis
Der Beckenboden verschließt den Körper nach unten und bildet sozusagen unsere muskuläre Körperbasis mit einigen „Schwachstellen“ durch notwendige Öffnungen für Darm, Harn- und Geschlechtsorgane. Nichtsdestotrotz hat der Beckenboden sehr wichtige Aufgaben. Aufgrund unserer aufrechten Körperhaltung wird auf die Organe den ganzen Tag Druck nach unten ausgeübt. Dazu kommen Drucksteigerungen durch Husten, Lachen, Heben, Springen. Eine Aufgabe ist demnach, die Beckenorgane zu stabilisieren. Da der Verschluss der Ausscheidungsorgane auch ein Teil des Beckenbodens ist, sorgt die Muskulatur dafür, dass wir nicht unkontrolliert Urin oder Stuhlgang verlieren.
In den nächsten Blog-Artikeln erfahrt ihr mehr über den Beckenboden, dessen Beschwerdebilder und Therapiemöglichkeiten sowie Tipps, um den eigenen Beckenboden zu kräftigen.
Deine Annika Reichenberger (staatl. geprüfte Physiotherapeutin, B. Sc. Integrative Gesundheitsförderung)
Quellen:
- Manfred Kaufmann, Serban-Dan Costa, & Anton Scharl (Hrsg.). (2013). Die Gynäkologie (3. Aufl.). Springer-Verlag Berlin Heidelberg.