Therapiezentrum-Online Blog - Beckenbodenschwäche

Ein schwacher Beckenboden ist keine Seltenheit

Mit zunehmendem Alter nimmt die Stabilität des Beckenbodens grundsätzlich etwas ab. Das Ausmaß einer Beckenbodenschwäche oder Beckenbodeninsuffizienz ist jedoch von mehreren Risikofaktoren geprägt. Diese sind zum Beispiel das weibliche Geschlecht, eine erblich bedingte Bindegewebsschwäche und mehrere Geburten. Aber auch regelmäßige, schwere Hebetätigkeiten, chronischer Husten, Übergewicht sowie Nikotin- und Alkoholmissbrauch können eine Beckenbodenschwäche vorantreiben.

 

Anzeichen einer Beckenbodenschwäche

Ist der Beckenboden zu „schwach“, schafft es die Beckenbodenmuskulatur nicht mehr, seine eigentlichen Aufgaben zu erfüllen. Dadurch verlieren Organe, die durch den Beckenboden in ihrer Position gehalten werden, an Stabilität. Die Konsequenzen können Harn- und Stuhlinkontinenz sowie bei stärkerer Ausprägung Blasen- und Darmentleerungsstörungen sein. Bei der Frau kann es unter Umständen zu einer Senkung der Scheide oder Gebärmutter bis hin zum Gebärmutter- und Scheidenvorfall kommen. Betroffene spüren einen ständigen „Druck nach unten“ und ein Fremdkörpergefühl. Zudem kann es zu Schmerzen in der Bauch-, Leisten- und Rückengegend kommen.

 

Handlungsempfehlung: Physiotherapie vor Operation

Bevor über operative Methoden nachgedacht werden sollte, sollten zunächst die konservativen Möglichkeiten ausgeschöpft werden. Die erste Maßnahme ist Beckenbodentraining, welches im Übrigen jeder von uns bereits präventiv in sein Training einbauen sollte. Mithilfe professioneller Anleitung soll hierbei die Beckenbodenmuskulatur gestärkt werden. Auch elektrische Stimulationsgeräte (sog. Biofeedbackgeräte) können helfen die Muskeln des Beckenbodens gezielt anspannen zu lernen. Ein ungesunder Lebensstil mit Übergewicht und übermäßigen Verzehr von Nikotin und Alkohol sollte dringend überdacht werden, um den Beckenboden zu entlasten und zum Beispiel im Rahmen einer Verhaltenstherapie verändert werden. Das Heben von schweren Lasten sollte besser unterlassen werden, weil es eine Gebärmuttersenkung eher noch begünstigt. Da eine Beckenbodenschwäche auch häufig in den Wechseljahren auftritt, könnte eine Hormontherapie helfen, dem Hormonmangel und somit der Ausdünnung des Gewebes entgegenzuwirken.

 

Wenn Alltag und soziales Leben darunter leiden

Viele Betroffene ziehen sich vor Scham zurück, scheuen sportliche Aktivität und auch sonstige Tätigkeiten im sozialen Umfeld. Bleibt die gewünschte Wirkung bei den konservativ-therapeutischen Maßnahmen aus oder handelt es sich um einen ausgeprägten Deszensus, einen Totalvorfall, wird man üblicherweise nicht um eine Operation herumkommen. Mittlerweile gibt es viele unterschiedliche Methoden, die es individuell nach Ausprägungsgrad und Lebensumständen abzuwägen gilt. Allen jedoch gemeinsam ist, die geschwächten Organe zu stärken und ausreichend zu stabilisieren.

 

Deine Annika Reichenberger (staatl. geprüfte Physiotherapeutin, B. Sc. Integrative Gesundheitsförderung)

 

 

Quellen:

  • Manfred Kaufmann, Serban-Dan Costa, & Anton Scharl (Hrsg.). (2013). Die Gynäkologie (3. Aufl.). Springer-Verlag Berlin Heidelberg.