Therapiezentrum-Online Blog - Karpaltunnelsyndrom

Karpaltunnelsyndrom – der bedrängte Nerv

Im Fallbeispiel des Blog-Artikels „Sehnenscheidenentzündung – Wenn die Schützer der Sehnen plötzlich selbst Schutz brauchen“ erhielt Frau Sehne (38 J.) die Diagnose Tendovaginitis. Nicht zu verwechseln ist dieses Krankheitsbild mit dem Karpaltunnelsyndrom.

 

Der Unterschied zu einer Sehnenscheidenentzündung

Eine Sehnenscheidenentzündung entsteht häufig durch die Überlastung einer Hand oder des Fußes, Sehnenscheiden entzünden sich und es kommt zu Schmerzen im Gelenk.

Beim Karpaltunnelsyndrom (kurz: KTS) ist der Mittelhandnerv (Nervus medianus) eingeklemmt und wird zusätzlich mit zu wenig Blut versorgt. Dieser Nerv versorgt den Daumen, Zeige- und zum Teil auch den Mittelfinger. Mit „versorgen“ ist gemeint, dass er sowohl ein Empfinden als auch die Steuerung ermöglicht bestimmter Hand- und Fingermuskeln ermöglicht. Dem Nerven wird es beim KTS zu eng in diesem Tunnel. Der Karpaltunnel (Canalis carpi) ist ein Raum zwischen den Handwurzelknochen und dem darüberliegendem Karpalband, dem Ligamentum carpi transversum und befindet sich auf der Innenseite des Handgelenks. Durch den Karpaltunnel verlaufen neun Sehnen von drei verschiedenen Muskeln sowie der Medianus-Nerv. Diese Strukturen liegen daher sehr dicht beieinander und somit eine klinische Bedeutung hat.

 

Die Anzeichen für ein Karpaltunnelsyndrom

Der Nervus medianus wird durch übermäßiges Bindegewebe und/oder ein verdicktes Karpalband eingeklemmt. Daraus können folgende Symptome resultieren:

  • Schmerzen in den Fingern
  • Sensibilitätsstörungen in den Fingern (Taubheit, Kribbeln)
  • Ausstrahlende Schmerzen in den Arm
  • Kraftverlust der betroffenen Hand
  • Muskelatrophien (Muskelrückbildungen durch Schonhaltungen)

 

Die Ursachen für den Engpass

Man unterscheidet zwei Entstehungsmechanismen:

  1. Die mechanische Reizung des Nervs
    • Knöcherne Fehlstellungen (angeboren oder Zustand nach Frakturen)
    • Verrenkung der Handwurzelknochen
    • Sehnenscheidenentzündungen (Vernarbungen)
    • Tumoren (z.B. Ganglien)
  2. Die erhöhte Druckempfindlichkeit des Nervs
    • Diabetes mellitus
    • Amyloidose (erhöhte Ablagerung von Eiweißen)
    • hormonelle Veränderungen (Schwangerschaft, Schilddrüsenüberfunktion)

 

Diagnostik

Die Anamnese und der körperliche Befund kann durch eine neurologische Untersuchung ergänzt und objektiviert werden. Eine Elektroneurografie soll eine mögliche verminderte Nervenleitgeschwindigkeit feststellen, wie es bei einer Druckschädigung des Nervs der Fall wäre. Dafür werden Elektroden an Hautstellen, die vom Nervus medianus versorgt werden, angebracht, welche schließlich einen schwachen elektrischen Impuls abgeben und den Nerv stimulieren sollen.

 

Therapievorschlag

Bevor über eine Operation nachgedacht wird, sollte sich die Behandlung zunächst auf konservative Maßnahmen beschränken. Kälteanwendungen sollen die Entzündung des Nervs und die Schmerzen lindern. Eine Ruhigstellung mittels Schiene dient der Entlastung, indem der Druck auf das Handgelenk reduziert wird. Die Injektion eines Schmerzmittels oder Kortison in die betroffene Stelle auf der Innenseite des Handgelenks ist eine weitere Möglichkeit, um einer Operation auszuweichen. Die Physiotherapie kann beispielsweise Unterstützung leisten durch angeleitete Dehnungs- und Kräftigungsübungen für das Handgelenk, spezifische Faszientechniken und gezieltes Tapen.

 

Deine Annika Reichenberger (staatl. geprüfte Physiotherapeutin, B. Sc. Integrative Gesundheitsförderung)

 

 

Quellen:

  • Assmus, Hans. (2015). Das Karpaltunnelsyndrom (1. Aufl.). Springer-Verlag Berlin Heidelberg.
  • Kromer, Thilo Oliver (2013) Rehabilitation der oberen Extremität. Berlin Heidelberg: Springer-Verlag.