POST-COVID-SYNDROM – ÜBERSTANDENE INFEKTION, BLEIBENDE SYMPTOMATIK

Post-COVID-Syndrom – überstandene Infektion, bleibende Symptomatik

In Deutschland gelten rund 3,1 Millionen Menschen aktuell als von COVID-19 genesen. Eine überstandene Infektion bedeutet aber nicht sofort auch frei von jeglichen Krankheitszeichen zu sein. Schätzungen zu Folge leiden etwa 10% unter Langzeitschäden bzw. Spätfolgen der Infektionskrankheit, bezeichnet als Post-COVID-Syndrom, kurz PCS. Die Symptome halten dabei nach Erkrankungsbeginn länger als vier Wochen an.

Die gesundheitlichen Folgen nach COVID-19 sind sehr vielfältig. Die Erkrankungen können die Lunge, das Herz, das Nervensystem und die Psyche betreffen. Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, Atembeschwerden, schmerzhafte Gelenke und/oder Muskeln, Geruchs- und/oder Geschmacksverlust und Depressionen zählen zu den häufig langanhaltenden Symptome.

Eine weitere häufig beobachtete Folgeerscheinung ist die Post-Exertionelle Malaise (PEM). Die PEM hat eine Verstärkung der Symptome bereits nach geringer körperlicher oder geistiger Aktivität zur Folge und führt damit zu einer Verschlechterung des Allgemeinzustandes. Der Zeitpunkt der Verschlechterung kann variieren, unmittelbar nach der Anstrengung oder auch erst 24-72 Stunden später. Der Erschöpfungszustand kann dann einige Tage oder Wochen anhalten. Hierbei müssen die Trainingseinheiten speziell auf die einzelnen PatientInnen zugeschnitten werden. Ein klassisches Training mit dem Prinzip der progressiven Belastungssteigerung gilt es dann zu vermeiden.

Aufgrund der möglichen Symptomatik ist es sehr wichtig, den Betroffenen einen Weg zu zeigen, wieder vollständig gesund und damit auch erwerbsfähig zu bleiben. Immer mehr Reha-Kliniken spezialisieren sich auf „Long Covid“ und bieten den PatientInnen ein breites Behandlungsspektrum an. Bevor die Therapie starten kann, bedarf es einer Bewertung mehrerer Aspekte durch eine klinische Untersuchung (körperliche Untersuchung, Labor, Bildgebung) und verschiedener Tests: Atem- und Lungenfunktion, Ausdauer, Muskelkraft, Beweglichkeit, Gleichgewicht, Kompetenz der alltäglichen Lebensführung (Activities of Daily Living – ADL).

 

Im Folgenden sollen mögliche Therapieziele und Behandlungsmethoden erläutert werden.

  1. Um die Atem- und Lungenfunktion zu normalisieren und zu stärken, ist es erforderlich mithilfe von Atemgymnastik und Atemphysiotherapie die Atemhilfsmuskulatur zu kräftigen, vorhandenen Schleim zu lösen, Atemnot zu reduzieren und den Umgang in Atemnotsituation gemeinsam mit dem Patienten zu erlernen. Atemerleichternde Positionen wie z.B. der „Reitsitz“ sollten insbesondere kardial belasteten PatientInnen aufgezeigt werden.
  2. Des Weiteren ist ein Training zur Verbesserung der allgemeinen Kraft- und Ausdauerleistung notwendig. Dafür eignen sich z.B. Gehen, schnelles Gehen, Joggen und Schwimmen angefangen mit einer geringen Intensität und einer schrittweise Erhöhung der Intensität und Dauer. Eine Empfehlung lautet: 3- bis 5-Mal pro Woche für 20-30 Minuten. Krafttraining sollte 2- bis 3-Mal pro Woche durchgeführt werden mit einer wöchentlichen Gewichtserhöhung von 5 bis 10%.
  3. Ein Balancetraining sollte bei möglichen Gleichgewichtsstörungen von PhysiotherapeutInnen angeleitet werden. Dies sollte im Wechsel mit und ohne speziellen Geräten durchgeführt werden.
  4. Bei psychomentalen Beeinträchtigungen können psychologische Beratungen sowie Entspannungsverfahren (Autogenes Training, Progressive Muskelrelaxation nach Jacobsen, Phantasiereise) helfen.

 

Bei den Übungseinheiten müssen Ausschluss- und Übungsbeendigungskriterien unbedingt berücksichtigt werden:

  • Herzfrequenz > 100 Schläge/Minute
  • Blutdruck < 90/60 mmHg oder > 140/90 mmHg
  • Sauerstoffsättigung im Blut ≤95%
  • Schwankungen der Körpertemperatur > 37,2°C
  • Engegefühl in der Brust, Brustschmerzen
  • Atembeschwerden, starker Husten
  • Schwindel, verschwommenes Sehen
  • Kopfschmerzen
  • Herzklopfen

 

Deine Annika Reichenberger (staatl. geprüfte Physiotherapeutin, B. Sc. Integrative Gesundheitsförderung)

 

 

Quellen:

  • Robert Koch-Institut (RKI): Täglicher Lagebericht des RKI zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19). Stand 06. Mai 2021; abgerufen am 07. Mai 2021
  • Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), Pressemitteilung: DGP: Long-COVID: Leitlinie zur Diagnostik und Therapie auf dem Weg. 18. März 2021; abgerufen am 07. Mai 2021
  • Demeco A, Marotta N, Barletta M, et al. Rehabilitation of patients post-COVID-19 infection: a literature review. J Int Med Res. 2020;48(8):300060520948382. doi:10.1177/0300060520948382
  • Liu K, Zhang W, Yang Y, Zhang J, Li Y, Chen Y. Respiratory rehabilitation in elderly patients with COVID-19: A randomized controlled study. Complement Ther Clin Pract. 2020 May;39:101166. doi: 10.1016/j.ctcp.2020.101166. Epub 2020 Apr 1. PMID: 32379637; PMCID: PMC7118596.